2016 war die Situation kaum noch zu ertragen
Seit 2016 belastete der zunehmende Handel und Konsum von harten Drogen die Nachbarschaft rund um den U-Bahnhof Yorckstraße - und er breitete sich immer weiter im Schöneberger Norden aus. Dies hatte zu einer starken Verunsicherung der zunehmend unzufriedenen Anwohner/innen geführt, die auch mit Angst und Wut auf diese Entwicklung reagierten.
Deshalb hat das Quartiersmanagement Schöneberger Norden gemeinsam mit dem Treff 62 im April 2017 zum ersten Kiezgespräch in die Katzlerstraße 6 eingeladen. 2017 haben QM und Treff 62 vier und 2018 drei Kiezgespräche angeboten. Manchmal wurde in andere Sprachen übersetzt.
Für die Anwohner/innen und Akteure im Gebiet war von Anfang an klar, dass sie ihre Straßen und die öffentlichen Räume nicht aufgeben werden. Sie wollen sich aktiv, kreativ und friedlich gegen Drogen und Gewalt in ihrer Nachbarschaft wenden. Hier leben alle gerne und dies soll auch so bleiben.
Mit den Kiezgesprächen kam 2017 Bewegung in die Sache
Mit Hilfe der Kiezgespräche wurde Anfang 2017 das Gespräch mit den Bewohner/innen aufgenommen. Zunächst ging es darum, der Unzufriedenheit der betroffenen Anwohner/innen ein Ventil zu geben und die Aufmerksamkeit der Profis für die brisante Situation zu gewinnen. Dafür wurden alle an einen Tisch geladen.
In die offenen Gesprächrunden mit Bewohner/innen wurden von Anfang an Akteure aktiv einbezogen. Bisher waren beteiligt:
- Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg (Stadtentwicklung, Jugendamt, Gesundheitsamt, Ordnungsamt, Grünflächenamt)
- Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg (Gesundheitsamt)
- Polizei (Bundespolizei, Berliner Polizei: Abschnitte 41, 42, 52, Präventionsteams)
- BVG und DB (Management, Sicherheitsdienst)
- Träger (Treff 62, GskA/outreach, Notdienst, Fixpunkt, Die kulturellen Erben, Jugendkunstpaten)
- Gewerbetreibende (Bio-Company, Hellweg-Baumarkt, REWE)
- Quartiersrat Schöneberger Norden
- Gewobag und Hausprojekt Katzler 13
- Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.
Auf diese Weise wurden Aufklärung, Vernetzung und ein gemeinsames Nachdenken möglich, ohne die Situation zu skandalisieren. Die Probleme wurden im Kiez offen diskutiert, es wurden gemeinsam Lösungen gesucht und es wurde aktiv gehandelt. Dies war die erste Voraussetzung dafür, durch großes Engagement positive Veränderungen herbeizuführen.
Mittlerweile wurde einiges umgesetzt, an weiteren Lösungen wird gearbeitet, Veränderungen sind sichtbar
Seitdem ging es in kleinen Schritten voran. Die Liste der durchgeführten Aktionen und geplanten Maßnahmen ist mittlerweile ziemlich lang. Hier die wichtigsten Entwicklungen seit April 2017:
Am 07. April 2017 fand das 1. Kiezgespräch im Treff 62 statt.
Im Mai 2017 erarbeiteten Anwohner/innen einen Informationsflyer "Drogenhandel im Kiez - an wen kann ich mich wenden" für die Nachbarschaft (z.B. erhältlich beim Quartiersmanagement und im Treff 62).
Das Jugendamt Tempelhof-Schöneberg konnte bereits im Dezember 2017 gemeinsam mit dem Träger outreach gGmbH ein Präventionsteam von 3 Straßensozialarbeiter/innen zum Einsatz bringen. Das Team beobachtet seitdem die Situation, ist für die Menschen ansprechbar und in den Netzwerken aktiv und unterstützt und initiiert Aktivitäten vor Ort. Hier muss jedoch immer wieder die Weiterfinanzierung gesichert werden.
Am 12. Dezember 2017 fand eine öffentliche Kehrenbürgeraktion in Kooperation mit der BSR auf dem Platz Katzler- / Ecke Yorckstraße statt.
Am 16. Dezember 2017 fand das gemeinsame Winterkiezfest als „Kiez-Aktion gegen Gewalt und Drogen“ statt. Ziel war die öffentlich sichtbare Rückeroberung des Platzes an der Ecke Katzler- / Yorckstraß durch die Anwohner/innen und der friedliche, kreative und bunte Protest gegen dessen Verwahrlosung.
Die Berliner Polizei hat ihre Aktivitäten im und um den U-Bahnhof Yorckstraße deutlich intensiviert.
Die Sicherheitsdienste der BVG und der DB verstärkten ihre Einsätze.
Die BSR hat ihre Einsätze auf öffentlichen Freiflächen intensiviert.
Die Werkstatt des notdienstes weitete ihre Einsätze zum Einsammeln von Spritzen an hochbelasteten Orten im Quartier deutlich aus.
Die Suchthilfekoordinatorin des Bezirkes Tempelhof-Schöneberg arbeitet im Netzwerk an einem Konzept zur Aufstellung von Spritzenabwurfbehältern in dem belasteten Bereich.
Die Suchthilfekoordinatorin sondiert Möglichkeiten, damit mit den Drogenabhängigen vor Ort präventiv gearbeitet werden kann. Sie bezieht ihre Kollegin aus dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in die Bemühungen im Schöneberger Norden mit ein.
Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg beteiligt sich gemeinsam mit Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte an einem bezirksübergreifenden Soziale-Stadt-Projekt mit dem Titel "NUDRA - Überbezirklicher Aufbau eines Netzwerkes zum Umgang mit Drogen- und Alkoholkonsum und den Begleiterscheinungen im öffentlichen Raum für einen sozialen guten Zusammenhalt". Das Soziale-Stadt-Gebiet Schöneberger Norden ist Bestandteil dieses Projektes.
2018 und 2019 wurde die bauliche Umgestaltung des Platzes an der Ecke Katzler-/ Yorkstraße durch das Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg vorbereitet. Die Maßnahmen werden aus Mitteln des Programms Soziale Stadt finanziert.
Die BVG will den U-Bahnhof Yorckstraße im Jahre 2019 sanieren.
Am 29.01.2019 fand eine Infoveranstaltung des Bezirksamtes Tempelhof Schöneberg für Bewohner/innen zum Thema "Maßnahmen zur Verringerung der Drogenproblematik in Ihrer Umgebung" statt. Dabei ging es auch um das Aufstellen von Spritzenabwurfbehältern und den Einsatz eines Drogenkonsummobils in Tempelhof-Schöneberg.
Das Drogenkonsummobil wird 2019 außerhalb des Schöneberger Nordens an der Apostel-Paulus-Kirche im Akazienkiez eingesetzt. Hier engagieren sich Eltern seit 2018 gegen Drogen und für einen schönen Akazienkiez.
Im März 2019 werden fünf Spritzenabwurfbehälter im Schöneberger Norden aufgestellt, unter anderem am U-Bahnhof Yorkstraße.
Seit April 2019 stellt das Bezirksamt ein Formblatt zur Verfügung, mit dem das Sammeln von Informationen über Konsumrückstände wie Spritzen, Folien oder Schnapsflaschen im öffentlichen Raum deutlich erleichtert wird. Dieses Blatt gibt Bewohner/innen und Akteure zum ersten Mal die Möglichkeit, ihre Beobachtungen zu dokumentieren und dem Bezirksamt mitzuteilen. Dadurch wird das Wissen über das Problem verbessert und die Festlegung von Schwerpunkten für verbessernde Maßnahmen erleichtert. Mehr dazu hier ..
Im August 2019 haben die Sanierungsarbeiten der BVG im U-Bahnhof Yorckstraße begonnen
Im September 2019 haben die Umbauarbeiten des Platzes Yorck- / Ecke Katzlerstraße begonnen, gefördert aus dem Programm Soziale Stadt..
Die Herausforderung besteht weiterhin
Mittlerweile sind viele positive Ansätze gefunden und umgesetzt worden. Sie haben bis jetzt jedoch noch nicht zu einer grundlegenden Verbesserung der Situation geführt. Die Szene ist immer noch präsent, im Umfeld, in Häusern, in der U-Bahn. Und der U-Bahnhof Yorckstraße ist noch nicht saniert. Deshalb wollen Alle weiter dran bleiben, die Anwohner/innen und die Profis.Und so gibt es auch 2019 wieder Kiezgespräche.
Nächster Termin: 22.10.2019 im Treff 62, Katzlerstraße 6
text: Peter Pulm/ QM, fotos: QM